Trek-Travelgirl: Steffi Marth im Interview

Vielseitigkeit prägt das Leben der Profi-Fahrerin (Trek Bikes). Wie das genau aussieht und was sie dorthin geführt hat, lest Ihr hier im ausführlichen Interview. Die reiselustige Abfahrts-Expertin hat auf Mountainbikes viel erlebt und schon zig Traum-Reviere für Biker/innen besucht. Kein Wunder, dass die Ex-Worldcup-Racerin weiß, wovon sie spricht. Daheim in Brandenburg trainiert sie gerne auf BMX-Strecken und Pumptracks, dabei nutzt sie ihr Dirtbike. In Utah und vorher als Rennfahrerin war das Downhill-Bike ihr bevorzugtes Fahrgerät!

Steffi Marth Interview 2018 mit Liquid-Life

Hi Steffi! Die letzten zwei Jahre waren für Dich als Profi-Bikerin voller Ereignisse. Welche Highlights und Downs kannst Du dabei hervorheben für unsere Leser/innen?

Die letzten beiden Jahre waren wirklich sehr turbolent. 2016 lief es bei mir ergebnistechnisch super bei den Rennen und ich habe mich besser denn je gefühlt. Leider habe ich es bei der Deutschen 4X Meisterschaft etwas übertrieben und bin im Finale in Führung liegend schwer gestürzt und habe mir ziemlich komplizierte Brüche am linken Arm und der Hand zugezogen. Seitdem habe ich viele Op´s und Reha gehabt und bin inzwischen wieder gut unterwegs. Mit dem Rennen fahren habe ich jedoch vorerst abgeschlossen und widme mich jetzt anderen Bike-Abenteuern und veranstalte viele Bike-Camps und Fahrtechnikkurse.

Wie bei vielen Profi-Biker/innen spielen wie Du schon beschriebst Verletzungen und die Comebacks danach eine große Rolle in Deiner Karriere. Welche Tipps kannst Du für solche Situationen im Leben nach Deinen Erfahrungen geben?

Jeder Sturz ist ein Rückschlag und das neben den Verletzungen natürlich auch mental. Ich finde man sollte einfach langsam wieder anfangen und sich Zeit dabei lassen wieder zu alter Stärke zu kommen, sonst liegt man gleich wieder flach. Am wichtigsten ist immer das Sicherheitsgefühl auf dem Bike, sonst fährt man auch nicht gut. Aus der Sportpsychologie weiß man, dass Sportler nach Rückschlägen oft gestärkt wieder kommen, weil sie nach einer Verletzung wissen, wie es sich anfühlt wie man den Sport nicht ausüben kann.

Neben oder nach der aktiven Zeit als Racer/in positionieren sich viele bekannte Fahrer/innen anderweitig, z.B. durch Abenteuer-Berichte. Welche Nische bzw. Nischen passen Dir dabei besonders?

Ich habe auch neben dem Rennen Fahren schon viele andere Aktivitäten wie Camps, Fotostories, Reiseberichte, journalistische Tätigkeiten etc. gemacht und mache davon jetzt einfach noch mehr.

Wirst Du eigentlich noch häufig auf Deinen Auftritt im Cyclepassion-Kalender angesprochen? Kritische Stimmen meinten damals, dass Frauen im Bikesport attraktiv sein müssen, um erfolgreich zu werden – wie siehst Du diese Sache im Nachhinein?

Ich finde es war damals einfach eine Möglichkeit, die ich genutzt habe und ich fand es eine tolle Erfahrung. Klar werde ich noch manchmal darauf angesprochen aber meist positiv. Ich bereue es auf keinen Fall. Klar verkauft sich Attraktivität, aber man muss immer noch sehr hart arbeiten und gut auf dem Rad stehen um vom Biken leben zu können. Es ist kein Muss attraktiv zu sein, sondern ich finde es zählt eher Kreativität.

Sponsoren glücklich zu machen ist Teil Deines Jobs, welche zu aquirieren. Welche Methoden hast Du bei der Arbeitsteilung, wer nimmt Dir viel ab, damit Du Dich auf Reisen, Training und Rennen konzentrieren kannst?

Ja es ist echt eine Menge Arbeit Sponsoren zu akquirieren und auch zu pflegen. Ich mache das alles allein und bekomme lediglich manchmal Hilfe von meinem Mechaniker mit den Bikes, ansonsten ist es eine One-Woman-Show mit Reisen, Orga, Training etc. …

Du bist mit dem bekannten MTB-Fotografen Nathan Hughes zusammen und auch immer mehr hinter der Kamera unterwegs. Wie kam es dazu und wie siehst Du Deine Zukunft als Fotografin?

Ich habe viel von Nathan gelernt, aber habe mich auch vorher schon für Fotografie interessiert. Ich finde es toll, wie man mit stillen Bildern so viel ausdrücken kann, meist mehr als mit bewegten. Jeder Betrachter kann ein wenig von seinen eigenen Ideen und Emotionen in die Bilder legen. Ich werde weiterhin ab und zu fotografieren, aber sehe keine Zukunft darin für mich. Dafür bin ich doch zu gerne vor der Kamera 😉

Immer mehr Bike-Profis leben ihre Kreativität und Darstellung nach außen als MTB-Youtuber aus. Was denkst Du darüber und wen schaust Du Dir da auch gerne mal an?

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich fast gar keine Youtube-Videos schaue. Das liegt aber weniger am Interesse sondern daran, dass ich allgemein wenig Fernsehen, Filme oder Videos schaue – ich kann einfach nicht so lange still sitzen. Ich mache inzwischen auch sehr viele Videos mit meiner GoPro und schneide kurze Edits unter einer Minute, sodass es sich vielleicht doch ein paar Leute anschauen. Es macht mir Spaß und ich teile gerne so geniale Bike-Tage wie ich sie letztens hier auf La Palma hatte.

Guiding und das Leiten von Bike-Camps gehören schon länger zu Deinem Job – was magst Du daran sehr und wo siehst Du Nachteile in diesem Job? Willst Du dazu mehr machen in Zukunft oder Dich auf andere Aktivitäten konzentrieren?

Ich guide sehr gerne und lehre den Leuten etwas Fahrtechnik weil es mir so viel zurück gibt. Wenn man Rennen fährt oder in den Medien etwas macht muss man immer selbst mit sich zufrieden sein, da sagt kaum mal jemand, dass man etwas gut gemacht hat oder es jemandem weiterhilft oder inspiriert. Mit dem Guiden ist etwas anders, da mache ich etwas für andere und weniger für mich selbst. Außerdem ist Biken für mich die schönste Sache der Welt und wenn ich ein paar Menschen die Angst vorm Stürzen und den Spaß am Biken näher bringen kann, dann ist das quasi eine Lebensaufgabe! Ich werde weiterhin Camps machen und mich dabei vor allem auf meine Spezial-Themen wie Airtime-Camps und Bike&Art Retreats konzentrieren.

Josh Bryceland hatte zum Ende seiner Worldcup-Karriere Bedenken über die Nachhaltigkeit seines Lebenswandels als Race-Profi? Wie denkst Du über Aspekte wie der eigene Klima-Fußabdruck?

Ich denke es ist schwer in der heutigen Zeit keinen Klima-Fußabdruck zu hinterlassen, egal was man macht. Von allen Seiten schadet man irgendwie der Umwelt, aber da kann nur jeder seinen Teil dazu beitragen im alltäglichen Leben finde ich. Das ist eben wieder das Thema, was ich gerade angesprochen habe … beim Rennenfahren macht man nur etwas für sich, es ist in einem gewissen Sinne eigentlich egoistisch. Deswegen verstehe ich Bryceland´s Aussage sehr und finde es cool, wie er damit umgeht. Für mich tut eben auch aus diesem Grund das Guiden und Coachen gut, denn immerhin geht es auch neben der großen industriellen Seite im Mountainbiken immer noch um Sport, was ja prinzipiell eine gute Sache ist.

Auch mentale Aspekte sind Dir als Leistungssportlerin und als Camp-Leiterin wichtig. Welchen Tipp hast Du da für unserer Leser/innen parat, die mit Stressblockaden im Gelände?

Mein Haupt-Tipp ist es Sicherheit zu bekommen. Es hilft nichts sich durch irgendwelche Situationen durchzuprügeln, weil man denkt man muss oder jemand einem sagt das geht schon. Man muss mit kleinen und einfachen Übungen in langsamen Schritten das Selbstbewusstsein erlangen. Das geht gut auf einem Parkplatz, an einer Bordsteinkante oder einem Übungsplatz. Sobald man sich unsicher fühlt, das Adrenalin und Stresslevel steigt sollte man wieder einen Schritt zurück gehen. Als mir damals in meiner aktiven Rennkarriere manchmal schlecht wurde und das Adrenalin gekocht hat, bin ich viele Sachen auch nicht gefahren oder gesprungen sondern habe die sichere Variante gewählt. Für mich ist der größte Gefahrenfaktor die Unsicherheit, deswegen lieber nicht damit spielen sondern sie im Vornherein langsam abbauen und immer im Wohlfühl-Bereich fahren und kleine, machbare Aufgaben/ Herausforderungen einbauen.

E-Bikes sind der Trend in der Fahrradbranche. Welche Erfahrungen und Meinungen hast Du zu dem Thema?

Ich habe ein E-Bike und bin auch schon längere Touren und sogar die E-Bike Challenge in Willingen mitgefahren und es hat immer einen riesigen Spaß gemacht. Ich stehe der E-Bike Bewegung auf alle Fälle positiv entgegen aber man muss schauen wohin es geht. Gerade im Hinblick auf Konflikte mit der gemeinsamen Wegnutzung mit Mountainbikern und Wanderern muss man einfach schnell Lösungen finden. Genauso steht es mit dem fahrtechnischen Anspruch, denn es benötigt um ein E-Bike, dass man schnell auf den Berg bekommt auch wieder heile runter zu bekommen. Für geübte Mountainbiker sind E-Mountainbikes auf alle Fälle eine große Bereicherung und voll die Gaudi.

Wo siehst Du Dich in 10 Jahren?

Immer noch auf dem Bike mit ganz viel mehr Erfahrung und einigen spannenden Projekten rund um den Outdoor Sport und das Biken.

Schnellschüsse / take one:

BMX-Bahn oder Pumptrack?

Beides sehr geil.

Bekanntes Revier wieder besuchen oder Neues entdecken?

Da gilt auch beides mit Tendenz zum Neuen.

27,5 oder 29er?

29er!!! So eine geniale Erfindung!

Semenuk oder Rheeder?

Die sind auch beide unglaublich.

Rennrad oder Joggen?

Es wird nicht leichter, haha … Joggen wenn es schnell gehen muss und Rennrad, wenn es episch sein soll.

Fatbike oder E-Bike?

Ganz klar E-Bikes. Ein bisschen schön soll es ja auch aussehen.

Kanaren oder Kanada?

Kanaren für das Wetter aber Kanada für die Trails und den Lifestyle.

Dirtjumps oder Northshore-Holztrails?

Dirtjumps! Das Northshore Zeug wird mir immer zu unnatürlich und unberechenbar sein.

Ausdauer-Training oder Gewichte stemmen?

Ganz klar Ausdauer-Training. Ich mache auch gerne Krafttraining, aber nur mit eigenem Körpergewicht. Gewichte zu stemmen ist überhaupt nicht mehr meins.

Canon oder Nikon?

Da habe ich persönlich zu wenig Erfahrung aber was ich so höre im Actionsport-Bereich Canon!

Reden oder zuhören?

Auch wenns manchmal schwer fällt, versuche ich immer mehr zuzuhören. Ich finde das ist eins der schönsten Eigenschaften, die man haben kann.

Rap oder Rock?

Rock!

Facebook oder Instagram?

Instagram.

Online-Shop oder Local Dealer?

Wenn es ein guter Local Dealer ist, dann auf alle Fälle die persönliche Beratung bevorzugen.

Danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

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