Abenteuer Australien – mit dem E-Bike um den fünften Kontinent

Ein Gastbeitrag von Maximilian Semsch

E-Bikes, Pedelecs, Elektromobilität. Schaut man sich in den letzten Jahren in der Fahrradbranche um, gibt es wohl mittlerweile nur ein großes Thema, über das jeder redet.

Ich wollte aber nicht nur darüber reden, sondern es selbst ausprobieren. Und deshalb machte ich mich 2012 auf den Weg nach Australien, um einmal den gesamten Kontinent zu umrunden. 16.000 km von Sydney nach Sydney.

Ich wurde natürlich immer wieder gefragt, warum ein so junger Mann, damals war ich 28 Jahre alt, mit einem Fahrrad für so „alte Leute“ unterwegs ist. Für viele ist eine Pedelec immer noch die Vorstufe zum Rollator.
Es reizt mich neue Dinge auszuprobieren, und ich wollte wissen, ob ein E-Bike eine solch lange Reise überhaupt übersteht, und ob das Fahren mit einem Pedelec noch etwas mit Radfahren zu tun hat, oder ob es wirklich so ist, wie viele immer sagen, dass man ja auch gleich Moped fahren kann.

Am 01.01.12 ging es, nach über eineinhalb Jahren Vorbereitung, vor dem Wahrzeichen der Stadt, der Oper von Sydney, los. Einmal um den gesamten Kontinent im Uhrzeigersinn mit dem Ziel, ein halbes Jahr später wieder an der selben Stelle anzukommen. Auf dem fünften Kontinent war ich allerdings nicht alleine unterwegs. Mit dabei war meine Lebensgefährtin Marion und Kameramann Frank aus Berlin. Die beiden haben die Reise in einem Begleitfahrzeug zurückgelegt, denn beide hatten keine große Lust bei über 40 Grad aufs Rad zu steigen. E-Bike, Begleitfahrzeug – das ist doch keine normale Radreise! Richtig, was wir hier unternommen haben, war ein Experiment, um heraus zu finden, was E-Bikes können.

Ich hatte außerdem ein zweites, identisches Pedelec dabei, mit dem Ziel mir immer wieder Gäste einzuladen, um auch anderen Leuten das Thema Elektromobilität näherzubringen. Die ersten zwei Wochen, und 1000 km nach Melbourne, war ich alleine auf dem Fahrrad unterwegs.

Ab Melbourne begleitete uns dann Ray aus England für sechs Wochen und über 5000 km bis nach Perth. Australien hat in etwa die Größe Europas, aber gerade einmal 20 Millionen Einwohner. Davon leben auch noch fast 90% in den Großstädten des Landes. Mit anderen Worten, Australien ist vor allem groß und leer. Einen ersten Vorgeschmack bekamen wir, als wir von Adelaide nach Perth fuhren. Im Süden des Landes durchquerten wir die Nullarbor Ebene. Es waren 1200 km und dazwischen lagen sieben Tankstellen. Kein Schatten, Temperaturen an die 40 Grad, Fliegen und eine Landschaft, die sich über Hunderte von Kilometern nicht ändert. Das war selbst mit elektrischer Unterstützung nicht immer einfach, und wir mussten oftmals an unsere Grenzen gehen.

Von Perth aus ging es 2500 km die Westküste entlang Richtung Norden. Wohl eine der einsamsten Gegenden Australiens. Es leben hier nur wenige Menschen, denn es gibt wenig Niederschlag, unfruchtbaren Boden, es ist heiß, trocken, staubig und leer. Wer will da schon wohnen?

Oftmals waren es bis zu 350 km von einer Tankstelle zur nächsten, und dazwischen gab es rein gar nichts. Als ich dann noch Gegenwind bekam, war der Frust groß. Rückblickend bleibt zu sagen, dass ich in die falsche Richtung gefahren bin. Australien im Uhrzeigersinn zu umrunden, bedeutete für mich über 7000 km konstanten Gegenwind. Das ist kein laues Lüftchen wie bei uns, sondern der Wind hat orkanartige Geschwindigkeiten, und trotz E-Bike bin ich stellenweise nicht vom Fleck gekommen.

In diesen Momenten kamen mir Radfahrer entgegen, die in die andere Richtung gefahren sind, also Rückenwind hatten. Da stand dann dieser Herr mit 60 Jahren vor mir. Ein normales Fahrrad, 45 Kilo Gepäck und schwärmte, dass dies die beste Radreise wäre, die er je unternommen hätte. Er fuhr 35 km/h Durchschnitt und schaffte am Tag bis zu 250 km, und das ohne Anstrengung, wie er selbst sagte. Ich hingegen war froh, wenn ich es auf 15 km/h schaffte, und zeigte mein Tacho am Ende des Tages 150 km an, dann war ich weit gekommen.

Nicht nur der Wind, sondern auch die Temperaturen im Norden Australiens waren stellenweise brutal. Für drei Wochen war es derart schwül-heiß und es kühlte auch in der Nacht nicht ab, dass das Übernachten im Zelt zur Qual würde. Es war so, als würde man versuchen in einer Sauna zu übernachten.

Trotz aller Widrigkeiten ist Australien ein wunderschöner und faszinierender Kontinent. 80% der Flora und Fauna gibt es nirgendwo sonst auf der Erde. Besonders die Nähe zu wildlebenden Tieren war für mich faszinierend. Kängurus oder auch Emus aus wenigen Metern Nähe zu sehen – in Down Under keine Seltenheit. Aber es leben auch die giftigsten und tödlichsten Tiere in Australien. Eine Tatsache, die gerade bei meiner Großmutter die Sorgenfalten auf der Stirn größer werden ließ. Im Nachhinein gab es aber nur wenige Begegnungen mit tödlichen Tieren. In sieben Monaten habe ich gerade einmal sechs Schlangen gesehen und nicht eine fotografiert, da die Tiere mehr Angst vor mir hatten als umgekehrt, und sofort die Flucht ergriffen.

Lebensbedrohlich war ausschließlich der Mensch und auch nur dann, wenn er hinter dem Steuer saß. Zum einen sind Radfahrer im australischen Verkehr eine Seltenheit und nicht sehr beliebt. So wurde ich beschimpft, habe den Mittelfinger entgegengestreckt bekommen oder wurde mit Milchshakes beworfen. Zum anderen sind im Outback die sogenannten Road Trains unterwegs. Dies sind Lastwagen mit bis zu vier Anhängern und fast 70 Metern länge, die mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h durch Australien brettern. Selbst auf gerader Strecke kann der LKW eine Schlangenbewegung bekommen und der vierte Anhänger schert weit über einen Meter nach links und rechts aus. Dies waren für mich die gefährlichsten Momente auf der Tour.

Natürlich ist es sehr wichtig bei solch einer langen Reise gutes Equipment dabei zu haben. Ich war in Australien mit einem Haibike EQ Trekking Fahrrad mit einem Bosch Classic+ Mittelmotor unterwegs. Bei einem Reiserad achte ich vor allem darauf, dass alle Teile auf Langlebigkeit ausgelegt sind. So entschied ich mich z. B. für eine stufenlose Nabenschaltung von Nu-Vinci, da der Verschleiß im Vergleich zu einer Kettenschaltung doch deutlich geringer ist. Außerdem sind stabile Gepäckträger, die eine hohe Belastung aushalten unabdingbar. Ich fahre seit Jahren mit Tubus-Gepäckträgern und bin sehr zufrieden. Besonders wichtig sind auch wasserdichte Packtaschen, damit die empfindliche Fotoausrüstung keinen Schaden nimmt.

Die am häufigst gestellte Frage zur Reise ist natürlich, wie wir den Akku vom Rad wieder aufgeladen haben. Wir hatten pro Fahrrad drei Ersatzakkus dabei. Wann immer wir eine Steckdose gefunden haben, haben wir diese auch benutzt. Oftmals gab es aber tagelang keine Stromversorgung, deshalb hatten wir eine große und leistungsstarke Solarzelle gekauft und diese auf dem Autodach montiert. Je nach Sonneneinstrahlung konnten wir so bis zur vier Akkus pro Tag wieder aufladen.

Eine weitere Frage, die mir oft gestellt wird: Was ist alles kaputtgegangen und wie oft musstest du den Motor tauschen? Dabei ist unsere Pannenstatistik mehr als überschaubar. Beide Räder sind zusammen gerechnet 26.000 km über australische Straßen gerollt, dabei hatten wir insgesamt sieben Platten, einen Speichenbruch, ein defekter Kettenspanner, haben zweimal pro Fahrrad die Kette gewechselt und einmal die Bereifung, nachdem das Profil nach 8.000 km abgenutzt war. Und das war alles. Mehr technische Probleme hatten wir nicht. Also ganz normaler Verschleiß, der mit jedem anderen Fahrrad auch passiert wäre. Man darf nicht vergessen, dass die Reise 2012 war, mittlerweile ist die Entwicklung der E-Bikes vier Jahr weiter. Die Akkureichweite hat sich deutlich erhöht, es gibt neue Motoren und hunderte neue Modelle.

Jedem der noch nie auf einem E-Bike gesessen ist, kann ich nur empfehlen es selbst auszuprobieren und sich ein Urteil zu bilden. Wer nicht genau weiß, was er benötigt oder kaufen soll, das Team von liquid-life steht euch sowohl vor Ort, wie auch telefonisch zur Verfügung und hilft euch gerne dabei, euer Traumrad zu bekommen.

Zu guter Letzt müssen wir noch die Eingangsfrage klären ob ich mit elektrischer Unterstützung überhaupt noch Fahrrad gefahren bin. Ich kann nur sagen: Absolut! Ich habe in sieben Monaten Australien sechs Kilo abgenommen. Ich war vor und nach der Reise in der TU München, um bei einem Ausdauertest meinen Fitnesszustand vor und nach der Reise zu dokumentieren. Ich war nach der Reise um ein Vielfaches fitter, hatte eine bessere Ausdauer, Kondition und Muskulatur, als vor der Reise.

Für mich geht es bald wieder los. Ich werde ab 01. Mai mit einem E-Bike für fast fünf Monate durch Deutschland reisen, denn bisher habe ich besonders vom eigenen Land so gut wie gar nichts gesehen.

Mehr Infos zu meinen Projekten und meiner Person findet ihr unter: www.what-a-trip.de

Viele Grüße,
Euer Maximilian Semsch

Über Maximilian Semsch:
Seit mehr als 10 Jahren ist der mehrfach preisgekrönte Reisefotograf und Filmemacher mit seiner Kamera in der Welt unterwegs und reist bevorzugt mit dem Fahrrad; um Land und Leute besser kennenzulernen. Wenn er nicht unterwegs ist, lebt er zusammen mit seiner Frau in München und arbeitet hauptberuflich als Fotograf, Referent und Filmemacher.

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